Immer wieder geraten wir in Situationen, in denen wir instinktiv Entscheidungen treffen. Kommt ein solcher Umstand, signalisiert uns unsere Intuition, umgangssprachlich auch „Bauchgefühl“ genannt, binnen Sekunden, ob sich etwas falsch oder richtig anfühlt. Bevor wir uns überhaupt rationale Gedanken dazu machen können, treffen wir quasi aus dem Bauch heraus die richtige Wahl. Oder uns überkommt in vertrauten Situationen eine Art Vorahnung, wir bekommen ein „seltsames Bauchgefühl“, welches sich anschließend bewahrheitet. Ich bin mir sicher, Du hast so eine Situation auch schon einmal erlebt. Diese unbewussten Handlungen und Vorahnungen werden häufig sogar als „Sechster Sinn“ betitelt.
Aber das Beste kommt jetzt: Eine gute Intuition ist gar nichts so Übernatürliches. Du kannst sie mit ein wenig Geduld hervorragend trainieren und sie kann bei spontanen Entscheidungen oder Unsicherheiten eine große Hilfe sein. Wie Du lernst, Deinem Bauchgefühl mehr zu vertrauen, das erfährst Du hier!
Woher kommt der Ausdruck „Bauchgefühl“ überhaupt?
Inhaltsverzeichnis
Mehrheitlich betrachtet die Psychologie das Bauchgefühl als Fähigkeit, schnell geschickte Entscheidungen zu treffen – ohne dabei bewusst auf die rationalen Hintergrundaspekte zuzugreifen. Diese Fähigkeit beruht auf Erfahrungswissen, das in der Vergangenheit erworben wurde. Sie kann sich aber auch aus moralischen Vorstellungen oder anderweitigen Wünschen ergeben. So oder so ist ihr eigen, dass sie „aus dem Nichts“ kommt, also wie von alleine plötzlich da ist und nicht über einen bewussten Willen gebildet wird. Entgegen gängiger Klischees sind Frauen allerdings nicht mit einer stärker ausgeprägten Intuition als Männer gesegnet.
Ein direkter Zusammenhang zwischen Intuition und Magengegend konnte Wissenschaftlern zufolge nicht festgestellt werden. So merkt der Psychologe Tobias Maldei an, dass der konkrete Ursprung des Gefühls noch nicht so richtig geklärt sei. Immerhin bemerken viele Menschen ein mulmiges Gefühl bei Gefahren oder plötzlichen Entscheidungssituationen, welches sich besonders im Bauchbereich bemerkbar macht. Deshalb hat sich der Begriff „Bauchgefühl“ durchgesetzt. Die im Körper spürbaren Emotionen stehen dabei in Verbindung mit dem impliziten Gedächtnis. Also dem Teil, der unbewusst das Verhalten und die Wahrnehmung eines Menschen mitsteuert.
Das Bauchgefühl kommt gar nicht aus dem Bauch
Passend dazu haben Forschungsergebnisse des Psychologen Daniel Kahneman gezeigt, dass zwei Gehirnareale für die Entscheidungsfindung herangezogen werden:
- Einmal der stark ausgeprägte, evolutionsbiologisch jüngere Neocortex. Dieser ist für das bewusste, logische Denken zuständig. Da er aber nicht immer aktiv ist, benötigt er für die Entscheidungsfindung recht viel Zeit.
- Und dann das limbische System, das schnelle und unbewusste Entscheidungen trifft, die sich in gewissem Maße mit tierischen Instinkten vergleichen lassen. Der als Amygdala bezeichnete Hauptbereich, ist dabei immer aktiv und auf der Lauer, falls Fluchtreflexe notwendig sein sollten.
Daraus ergibt sich (bei Gleichsetzung des limbischen Systems mit dem Bauchgefühl), dass eine ausreichend trainierte Intuition den Kopfentscheidungen in puncto Gründlichkeit und Schnelligkeit durchaus ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen sein könnte. Kein Wunder, es besteht bei Schwierigkeiten schließlich nicht immer genug Zeit, alles bis ins kleinste Detail zu durchdenken und mit Logik zu analysieren. Außerdem kann extremes Verkopfen zu einem irreführenden, negativen Gedankenkarussell führen.
Irren ist menschlich, vor allem wenn man nur nach dem Kopf entscheidet und komplett ignoriert, was man fühlt. Dennoch werden Kopfentscheidungen von Menschen oft höher bewertet als Bauchentscheidungen. Das läge, laut dem Psychologen Maldei und dem Mentalisten Florian Ilgen, häufig daran, dass die Leute ihr Bauchgefühl nicht bewusst genug wahrnehmen und die Ergebnisse der rationalen Entscheidungsfindung überschätzen würden. Oder mit anderen Worten: Man mache sich sein Bauchgefühl seltener effektiv zunutze, als es sich lohnen würde …
Wann ist Dein Bauch ein guter Ratgeber?
Der Entscheidungspsychologe Gerd Gigerenzer bringt es auf den Punkt: „Entscheidungen sind immer ein Wechselspiel von Intuition und Fakten. Wenn es aber nicht viele Fakten gibt oder keine verlässlichen, dann hilft logisches Denken nicht. Auf der anderen Seite ist Intuition unverzichtbar, auch wenn sie nicht immer richtig ist.“
Was bedeutet das also für Deine individuelle Entscheidungsfindung? Ganz einfach: Lerne, Deinem Bauchgefühl zu vertrauen und füttere Dein Gehirn bereits im Vorfeld einer bestimmten Entscheidungssituation mit vielfältigen Eindrücken und Erkenntnissen. Hast Du diese verinnerlicht, reagierst Du in einem heiklen Moment sehr wahrscheinlich schneller und besser. Was aber nicht heißt, dass ein Totalverzicht auf analysierende Kopfarbeit und harte Fakten empfehlenswert wäre. Schließlich ist die Mischung aus Verstand und Bauchgefühl die beste Kombination überhaupt.
Nichtsdestotrotz bietet Dir das intuitive Denken eine Möglichkeit, auch nach einem sehr gründlichen Abwägen von Pro- und Contra-Aspekten für eine Entscheidung handlungsfähig zu bleiben. Selbst dann, wenn Dir übermäßig viele oder gar keine Fakten für das Fällen dieser Entscheidung zur Verfügung stehen. Außerdem kann es vorkommen, dass Du unter Zeitdruck stehst und nicht genug Zeit hast, alle Konsequenzen Deines Handelns hundertprozentig abzuwägen. Besonders bei kreativen und innovativen Projekten geht Probieren oftmals über Studieren.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Du hast Dich gründlich mit einer gesunden Ernährung auseinandergesetzt. Durch regelmäßiges Ausprobieren hast Du herausgefunden und abgespeichert, welche Lebensmittel Dir besonders guttun. Folglich wirst Du bei einem überfüllten Büfett höchstwahrscheinlich schnell zu dem greifen, was zu Deiner Ernährungsweise passt. Also: Gib Deiner Intuition eine Chance!
So trainierst Du Dein Bauchgefühl
Um Dein Bauchgefühl in Form zu bringen und auch ohne ein großes aktives Nachdenken entscheidungsfähig zu werden, kannst Du einige der folgenden Strategien ausprobieren.
Aufmerksamkeit für die aktuelle Situation entwickeln
Achte auf Deine körperlichen Signale und was Dir Deine Intuition sagt. Und dann schaust Du, ob sich Dein Eindruck tatsächlich bestätigt, oder ob Du Dein Bauchgefühl ein bisschen korrigieren musst. Am besten klappt das in Situationen, in denen Entscheidungen keine weitreichenden Konsequenzen nach sich ziehen. Der Vorteil hierbei ist, dass nichts Schlimmes passieren kann und Dein Bauchgefühl durch das regelmäßige Training immer feinfühliger wird.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Du stehst mit vielen Menschen an einer Bushaltestelle. Dann könntest Du, bevor der Bus ankommt und die Türen öffnet, Dich fragen: Welche Personen werden wohl zuerst in den Bus steigen?
Oder Du bist auf einer Party und fragst Dich: Welche Personen werden wohl in einer Stunde zusammenstehen und intensiv miteinander plaudern oder sogar flirten? Alle, die nicht so gerne feiern gehen, können sich diese Frage auch hervorragend bei Filmen und Serien stellen
Finde Argumente, die Deine Bauchgefühl-Entscheidung unterstützen
Du bist irgendwie auf eine Idee gekommen und weißt gar nicht genau, wieso? Mit etwas anschließendem Nachdenken wirst Du bestimmt ein paar gute Aspekte finden, die Deine Anfangsahnung bestätigen. Und wenn nicht, dann eben nicht. Auch das gehört zum Trainingsprozess.
Räume Deinem Bauchgefühl ausreichend Platz ein
Gekonnt mit Deiner Intuition zu arbeiten, dass verlangt etwas Übung und Training. Kommt irgendwann der Punkt, an dem Du Deinem Bauchgefühl vertrauen kannst, tust Du dies idealerweise regelmäßig. Denn dann fällst Du auch nicht immer wieder in einen übertrieben nachdenklichen Zustand vor Entscheidungsfindungen zurück, sondern gehst das Ganze proaktiver an.
Lerne, Deine Emotionen noch bewusster wahrzunehmen
Horche ganz genau in Dich hinein und nimm Dein Bauchgefühl mal ganz bewusst wahr. Bist Du gerade entspannt, gestresst, wütend, glücklich, ungeduldig, ruhig, traurig, angespannt oder hast Du ein flaues Gefühl im Magen? Probiere dies in allen möglichen Stimmungen und Situationen immer mal wieder aus. So lernst Du Dein Bauchgefühl noch besser kennen und kannst jedes mögliche Signal, das von Deiner Intuition kommt, besser bewerten. Falls es Dir schwerfällt, Deine Emotionen anhand körperlicher Empfindungen wahrzunehmen, oder Du besonders starke körperliche Veränderungen spürst, dann könnte ein Achtsamkeitstraining oder eine Meditation eine klasse Hilfe für Dich darstellen.
Wir verfügen also alle über die intuitive Fähigkeit, Menschen, Situationen und Konstellationen richtig wahrzunehmen oder einzuschätzen. Sie ist nur bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt. Unser Unterbewusstsein und unsere Emotionen leiten unser Verhalten viel intensiver, als wir es oft annehmen. Sei mutig und vertraue Deinem Bauchgefühl! Viel Erfolg dabei.