Wenn der geliebte Partner bzw. die geliebte Partnerin immer wieder heimlich in den Armen eines oder einer anderen landet, ist sie geboren: Die klassische Affäre. Wochen- bzw. monatelang, mitunter sogar über Jahre, halten sie diese Affäre geheim. Oftmals ahnt der betrogene Partner bzw. die betrogene Partnerin lange Zeit nichts davon. Doch ist die Zweitbeziehung erst einmal entlarvt, zerbricht die Hauptbeziehung häufig an den Folgen. Im Verlauf der weiteren Liebesbiografie des Betrügenden können dann die Fragen aufkommen: Sinkt mit einer Affäre die Hemmschwelle, wiederholt fremdzugehen? Ist dauerhafte Treue in einer neuen Beziehung überhaupt noch möglich oder bleiben Fremdgeher beziehungsweise Fremdgeherinnen für immer chronisch untreu?
In dem folgenden Artikel möchten wir dieser Frage auf den Grund gehen und uns mit den tieferen Beweggründen fürs Dauerfremdgehen auseinandersetzen.
Welche Gründe stecken hinter chronischem Fremdgehen?
Inhaltsverzeichnis
Die University of Denver untersuchte über einen Zeitraum von fünf Jahren 484 unverheiratete, heterosexuelle Paare zwischen 18 und 34 Jahren zum Thema Treue und Fremdgehen. 2017, also am Ende ihrer Studie, kamen die Wissenschaftler/innen schließlich zu folgendem Ergebnis: Menschen, die bereits einmal fremdgegangen sind, haben ein dreimal höheres Rückfallrisiko erneut fremdzugehen, als jemand, der noch nie fremdgegangen ist. Kurz gesagt: Wer einmal fremdgeht, wird dies höchstwahrscheinlich in Zukunft wiederholen. Auch eine andere Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Demnach sind zwei Drittel aller Fremdgeher/innen chronische Wiederholungstäter/innen – unabhängig vom Geschlecht.
Die Gründe, weshalb Menschen einmal oder auch chronisch fremdgehen, sind vielfältig. Auch hier gibt es zahlreiche Studien darüber, welche Umstände oder Faktoren den Betrügenden bzw. die Betrügende letztendlich dazu bewogen haben, dem Partner bzw. der Partnerin untreu zu werden. Zu den meistgenannten Fremdgeh-Gründen zählen diese:
- Unzufriedenheit oder Unsicherheit in der Partnerschaft/Mangel an Liebe, Sex
- der sexuelle Reiz des Unbekannten/Bedürfnis nach Abwechslung
- Selbstwertgefühl steigern, sich begehrt fühlen
- von der Situation überwältigt/Kontrollverlust
- Wut, Rache, Trost
- Verliebtheit
Gleichwohl es bei den Beweggründen Gemeinsamkeiten zwischen denen, die ihr Fremdgehen als „einmaligen Ausrutscher“ bezeichnen, und chronischen Betrügenden, die bereits mehrfach in fremde Betten gestiegen sind, gibt, lassen sich nicht alle, die fremgehen, grundsätzlich über einen Kamm scheren.
Untreue ist nicht gleich Untreue
So mancher untreu gewordene Partner bzw. manche Partnerin bereut sein/ihr sexuelles Abenteuer und schämt sich für die Affäre, selbst wenn es geschafft wurde, diese geheim zu halten. Einige empfinden ihre Tat hinterher auch als eine Art „Weckruf“ und versuchen fortan verstärkt an ihrer offiziellen Beziehung zu arbeiten. Das mündet häufig in Bemühungen, von jetzt an selbst ein besserer (Ehe-)Partner bzw. eine bessere (Ehe-)Partnerin zu sein. Bei rund 15 Prozent der betroffenen Beziehungen soll dies gelingen.
Aus weiteren Umfragen geht aber auch hervor, dass einige Betrügende nach dem Treuebruch dann doch das schlechte Gewissen plagt. Die Zahlen gehen hier jedoch teilweise sehr weit auseinander. Während eine Umfrage ergibt, dass 68 Prozent der der Betrügenden ihren Sex außerhalb der Partnerschaft am liebsten ungeschehen machen möchten, liest man an anderer Stelle, dass die Mehrheit der weiblichen und männlichen Fremdgeher ihren Seitensprung oder Zweitbeziehung keineswegs bereut.
Dennoch muss an dieser Stelle gesagt werden, dass Fremdgehen immer noch der Beziehungskiller Nr. 1 ist. Kein Wunder, schließlich ordnet die Mehrheit der vergebenen Männer und Frauen Betrug als ultimativen Vertrauensbruch ein. Gleichzeitig schätzt man die Treue des eigenen Partners bzw. der eigenen Partnerin.
Fremdgeher möchten häufig nicht entlarvt werden
Die wenigsten Paare schaffen es, nach einem Seitensprung oder einer aufgedeckten Affäre ihre Beziehung zu retten. Ein wichtiger Faktor, der wiederum auch erklärt, warum die allermeisten Fremdgeher/innen – trotz eventueller Reue – ihre Affäre geheim halten. Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Norstat aus dem Jahr 2021 halten mehr als 60 Prozent der befragten Frauen (63,7 Prozent) und Männer (62,9 Prozent) ihren Affäre geheim.
Wer seine/n Partner:in mit einer anderen Person betrügt, tut dies in den allermeisten Fällen in Form eines oder mehrerer One-Night-Stands. Nur ein sehr kleiner Anteil geht eine langfristige Zweitbeziehung ein (7 Prozent). Auch interessant: Mündet das Fremdgehen in eine Zweitbeziehung, die bereits länger als ein Jahr dauert, sind Frauen eher bereit, ihre offizielle Partnerschaft zugunsten des Geliebten/der Geliebten zu beenden (57 Prozent). Männer sind bei dieser Entscheidung wohl weitaus zurückhaltender (25 Prozent) und bevorzugen eher das heimliche Doppelleben.
Wer wird zum Fremdgeher bzw. zur Fremdgeherin?
Fakt ist: Wer fremdgeht, entscheidet sich früher oder später dazu. Ganz gleich, ob dies bewusst oder eher unbewusst geschieht. Und bis hierhin sollte auch deutlich geworden sein, dass Fremdgehen ein recht typisches Verhalten ist. Es wird häufig dafür genutzt, ein bestehendes Defizit auszugleichen, ohne ein Liebes-Ideal bzw. eine Erwartungshaltung zerstören zu wollen. Dann besteht beispielsweise der innige Wunsch nach Nähe, Sex und Zärtlichkeit. Da dieser aber in der bestehenden Partnerschaft nicht mehr erfüllt wird, nimmt man die Rolle der Seitenspringerin bzw. des Seitenspringers ein oder beginnt eine Zweitbeziehung.
Dennoch gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass auch bestimmte Charakterzüge dazu beitragen können, dass jemand betrügt. Gleichwohl der Wunsch nach Stabilität und die Sehnsucht nach Abwechslung einander ausschließen, „kämpfen“ grundsätzlich alle Menschen mit diesen zwei Polen. Wer aber besonders viel Abwechslung braucht und sehr abenteuerlustig ist, ist eher gefährdet, dem Reiz des Fremdgehens nachzugeben. Dagegen ist die Gefahr einer Affäre bei Charakteren, denen Sicherheit viel bedeutet und die eher konservativ eingestellt sind, weitaus geringer.
Weitere Ursachen für Untreue
Nichtsdestotrotz können natürlich auch diese Personen prinzipiell betrügen. Manche Experten bescheinigen einigen chronischen Fremdgeherinnen und Fremdgehern auch eine narzisstische Form der Untreue, die ihnen lediglich dazu dient, immer wieder das eigene Selbstwertgefühl zu heben – ohne ansatzweise Rücksicht auf andere zu nehmen. Meistens verbirgt sich dahinter der Versuch, die eigene innere Leere oder ein extrem niedriges Selbstwertgefühl auszugleichen.
Auch Menschen, die ein Problem damit haben, echte emotionale Nähe zu jemandem aufzubauen, können für sexuelle Untreue anfälliger sein. Dann wird der oder die Dritte manchmal unbewusst dafür genutzt, um die Nähe zum eigentlichen Partner bzw. zur eigentlichen Partnerin zu unterbinden bzw. einzugrenzen. Paare, die eine Beziehung führen, die viele Ungleichheiten hervorbringt, können ebenso stärker betroffen sein. Bei ihnen dient der Treuebruch bzw. Ehebruch mitunter dazu, den eigentlichen Paarkonflikt um Gleichberechtigung und Dominanz auf der Matratze eines anderes bzw. einer anderen insgeheim für sich entscheiden zu wollen.
Auch bei Paaren, die nur wenige sexuelle Erfahrungen sammeln konnten, kann der Wunsch aufkommen, versäumte Sexualität außerehelich nachholen zu wollen. Nicht zu vergessen sind die Fälle, in denen eine Zweitbeziehung dazu benutzt wird, die Beziehung oder Ehe zu beenden. Dann möchten Betroffene oft erwischt werden und versuchen gar nicht mehr, ihr Fremdgehen zu vertuschen.
Was Fremdgeher in eine dauerhafte Zweitbeziehung treibt
In einer Norstat-Umfrage von 2020 betiteln sich 34,5 Prozent der befragten Männer als chronische Fremdgeher. Sie nutzen also jede sich bietende Gelegenheit für Seitensprünge. Zieht man sich aktuelle Scheidungsraten zu Gemüte und bedenkt, dass Treulosigkeit nach wie vor einer der häufigsten Scheidungsgründe ist, fällt es einem mitunter schwer, an lebenslange, aufrichtige Paar-Treue zu glauben. Dabei lassen sich diese und andere Zahlen auch anders interpretieren. Nämlich dahingehend, dass unsere gesellschaftlichen Normen einem überholten, romantischen Liebesideal unterliegen, das nur die wenigsten von uns erfüllen können bzw. wollen.
Wer glaubt, dass es eine Partnerin bzw. einen Partner gibt, der alle Wünsche und Erwartungen erfüllen kann, wird letzten Endes immer enttäuscht werden. Dann ist die Frustration quasi vorprogrammiert. Denn überhöhte Erwartungen führen sehr häufig dazu, dass Beziehungen entweder frühzeitig beendet werden oder in der Liebe zweigleisig gefahren wird. Für Letzteres entscheiden sich viele, die sich zusammen mit ihrem Partner bzw. ihrer Partnerin bereits eine Art Sicherheitsnetz aufgebaut haben. Das können zum Beispiel ein gemeinsames Haus, ein Finanzierungsplan oder auch Kinder etc. sein. Diese Sicherheiten wollen nur sehr wenige aufgeben. Gleichwohl gibt es aber auch Beispiele dafür, dass Seitensprünge und Zweitbeziehungen ebenso in glücklichen Beziehungen mit einem aktiven Liebesleben vorkommen können.
Fremde Arme als Zufluchtsort
Stürzt sich ein/e Beziehungspartner/in in eine Zweitbeziehung, wird diese oft von dem aufregenden Kontrast zwischen dem Vertrauten/Bewährten und dem Neuen/Unvorhersehbaren getragen. Die Liebesaffäre wird zu etwas Besonderem, weil sie ihren geheimnisvollen Reiz nur in Symbiose zur Hauptbeziehung aufrechterhalten kann. Die Vorteile des Geliebten/der Geliebten werden erst durch die Existenz des Partners/der Partnerin sichtbar und andersherum. Bricht eine/r von beiden weg, ist der Zauber oftmals vorbei.
Bis es soweit ist, kann es aber durchaus sein, dass der bzw. die Betrügende in der Zweitbeziehung aufblüht. Dann wird ein verlorengeglaubter Teil der Persönlichkeit wiederentdeckt und ausgelebt. Gibt es bereits oder entwickelt sich eine starke emotionale Verbundenheit mit dem Dritten bzw. der Dritten im Bunde, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Außenbeziehung länger anhält.
An einer Online-Umfrage, die im Mai 2023 durchgeführt wurde, nahmen weltweit 2.317 weibliche und männliche Mitglieder ab 18 Jahren teil. Demnach dauern die meisten Affären im Durchschnitt länger als einen Monat (46 Prozent) oder knapp einen Monat (28 Prozent).
Die offene Aussprache mit dem Beziehungspartner/der Beziehungspartnerin, der man durch das Fremdgehen mit dem Affärenpartner bzw. der Affärenpartnerin aus dem Weg geht, kann in dieser Zeit erst einmal souverän umschifft werden. Dann erfreut sich beispielsweise der Ehemann an dem Ausbruch aus dem routinierten Alltag. Gleichzeitig schätzt er die Gewissheit, dass sich seine Ehefrau um die Probleme der Kinder kümmert. Währenddessen genießt er bei jeder Gelegenheit die erotischen Verführungen seiner Geliebten.
Emotionale Zwickmühlen
Doch ganz so paradiesisch sind Affären letzten Endes nur sehr selten. Es gibt Paar- und Sexualtherapeut:innen, die berichten, dass chronisches Fremdgehen auf lange Sicht nicht glücklich macht. Was für den Betrügenden bzw. die Betrügende zunächst richtig und notwendig erschien, sich vielleicht sogar wie ein Befreiungsschlag anfühlte, kann später durchaus zur Belastung werden. Eine Affäre dauerhaft zu arrangieren und langfristig geheim zu halten, verlangt Fremdgehenden nämlich auch einiges ab. Immer lügen zu müssen und weder beim Geliebten bzw. bei der Geliebten noch beim Partner bzw. bei der Partnerin mit ganzem Herzen zu sein, kann viel Leid und innere Zerrissenheit hervorrufen.
Ein gängiger Irrtum ist beispielsweise die Vorstellung, dass One-Night-Stands und dauerhafte Zweitbeziehungen immer bedeuten, dass der eine Partner bzw. die eine Partnerin den anderen bzw. die andere nicht mehr liebt. Dem ist oft aber gar nicht so. Viele Fremdgehgeschichten offenbaren das genaue Gegenteil. Beispielsweise berichtet eine fremdgehende Frau, dass sie ihren Ehemann immer noch aufrichtig liebt. Sie genießt aber dennoch den aufregenden Sex und die ihr entgegengebrachte Aufmerksamkeit in der Außenbeziehung mit ihrem Geliebten.
Manchmal tritt aber auch der Fall ein, dass man wirklich beide Partner/innen liebt. Einige Betrügende lieben insgeheim aber doch nur die Geliebte/den Geliebten, möchten aber das Konstrukt der funktionierenden Ehe nach außen aufrechterhalten. Und so manche Fremdgehende sind sich über ihre wahren Gefühle und Bedürfnisse vielleicht nicht einmal selbst bewusst. Folglich handeln sie auch völlig konfus und widersprüchlich.
Lassen sich Fremdgeher frühzeitig erkennen?
Eine Zweitbeziehung rechtzeitig aufzudecken, dürfte sich in den allermeisten Fällen als recht schwierig erweisen. Letztlich braucht es immer eindeutige Beweise (z. B. in flagranti ertappt). Oder der anfängliche Verdacht erhärtet sich durch das Geständnis der Betrügenden/des Betrügenden. Dennoch gibt es durchaus typische Warnzeichen und Verhaltensauffälligkeiten, die fremdgehende Partner/innen an den Tag legen, um ihre Affäre geheim zu halten. Einige sollen an dieser Stelle genannt werden:
- berufliche Reiseaktivitäten nehmen zu oder sind jetzt plötzlich erforderlich
- sie/er legt verstärkt Wert auf ihr/sein äußeres Erscheinungsbild</em>
- sie/er „bewacht“ auffällig stark ihr/sein Handy, ihre/seine Abrechnungen, E-Mails und Kontoauszüge
- Internetverläufe werden gelöscht, Passwörter geändert
- sie/er vermeidet körperlichen Kontakt mit dem Partner/der Partnerin
- sie/er beginnt sich plötzlich für Neues zu interessieren
- sie/er kritisiert den Partner/die Partnerin immer häufiger
- sie/er ist häufiger als üblich unterwegs oder verbringt viel Zeit am Handy/PC
Chronische Fremdgeher/-innen lassen sich jedoch nur schwer erkennen. Sie kennen die Stolpersteine beim Lügen, sind erfahren beim Vernichten von Beweisen und wissen, wie sie eine Affäre vor anderen geheim halten. Sie haben sich oft über Jahre ein gut aufeinander abgestimmtes Geschichtenkonstrukt und Verhaltensmuster zurechtgelegt. Es lässt ihnen genug Freiheiten, ihre sexuellen Abenteuer nahezu risikolos auszuleben.
Meistens stellt sich erst sehr viel später heraus, dass der eigene Partner bzw. die eigene Partnerin auch schon in vorherigen Beziehungen fremdgegangen ist. Kein Wunder, schließlich werden diese dunklen Liebeskapitel beim Kennenlernen ganz gerne verschwiegen oder die Wahrheit wird etwas verzerrt. Eine treue Datingpartnerin bzw. ein treuer Datingpartner wirkt doch auch viel attraktiver und vertrauenswürdiger.
Aber auch beim eigenen Umgang mit Treue/Untreue nehmen es viele nicht immer ganz so genau. Da wird in Erzählungen schon mal der eine oder andere Fehltritt im Urlaub weggelassen. Oder im Freundeskreis wird mit einem frei erfundenen Seitensprung geprahlt. Hauptsache, man steht am Ende besser da. Und natürlich fließen solche Umstände teilweise auch in wissenschaftliche Erhebungen ein und verzerren so manche Umfrage und Statistik.
Wie definiert ein Paar Untreue?
Je tiefergehender man sich mit dem Thema Treue in Beziehungen auseinandersetzt, umso deutlicher kristallisiert sich allerdings heraus, dass die allermeisten Paare sich nicht oder nur unzureichend über ihren Wertekanon zum Thema Treue/Untreue austauschen. Vorwürfe der Untreue ergeben sich häufig im Handlungs- und Spannungsfeld von Flirts, Küssen, (Solo-)Sex und emotionalen Zuwendungen.
Wie definiere ich Treue für mein persönliches Glück – unabhängig von den Erwartungen anderer? Und wie definiert meine/ Partner/in Fremdgehen? Wo gibt es Übereinstimmungen, wo nicht und finden wir dafür Kompromisse?
Wer sich diese und weiterführende Fragen stellt, sie für sich selbst ehrlich beantwortet und dann mit dem Partner bzw. der Partnerin offen und wirklich ausführlich bespricht, schafft sich einen klaren Beziehungsrahmen. Man vereinbart sozusagen einen Pakt, bei dem jede/r die eigenen, aber auch die Grenzen des anderen/der anderen kennt. So können beispielsweise Beziehungen entstehen, wo sich beide Partner/innen einvernehmlich mit außerpartnerschaftlichem Sex arrangieren und sich dort eine wichtige Portion Lebensfreude holen.
Natürlich wäre es vermessen zu behaupten, dass dieser Ratschlag vor einem emotionalen und/oder sexuellen Betrug zu 100 Prozent schützt. Aber zumindest stehen die Spielregeln dann fest und keine/r kann hinterher behaupten, von diesem Tabu nichts geahnt oder gewusst zu haben.
Eine Zauberformel für Treue gibt es schließlich in keiner Beziehung oder Ehe – weder in guten, noch in schlechten. Zumal sich treues Verhalten nicht unmittelbar mit Zufriedenheit gleichsetzen lässt. Wer beispielsweise passiv-treu ist, dem mangelt es vielleicht nur an Gelegenheiten oder Mut, um einen Seitensprung zu wagen. Aktive Treue speist sich hingegen aus der bewussten, tagtäglichen Entscheidung für den Partner bzw. die Partnerin. Man kennt die Alternativen, weiß um die Verlockungen, bleibt aber dennoch treu.
Fremdgeher haben vielschichtige Probleme
Affären sind kein geschlechtsspezifisches Phänomen. Es begrenzt sich auch nicht auf bestimmte Altersgruppen oder Gesellschaftsschichten. Auch die treueste Seele kann letztlich der Untreue erliegen. Denn wir sind alle dazu fähig und viele von uns tun es auch oder haben es bereits getan.
Je öfter Menschen diese Schwelle überschreiten, umso wahrscheinlicher werden sie aber auch später wieder fremdgehen. Dann verfestigt sich derartiges Verhalten als Notausgang für die Liebe, als Flucht nach vorne – in fremde Arme und Betten. Das Erleben emotionaler Enttäuschungen und charakterliche Züge können die Tendenzen zum Betrügen mitunter verstärken. Auch enthemmende Substanzen, wie Alkohol oder Drogen, und günstige Gelegenheiten können schließlich ihren Teil dazu beitragen.
Doch ganz gleich ob es sich um ein einmaliges Techtelmechtel oder eine langfristige Zweitbeziehung handelt: Untreue ist eine Vermeidungsstrategie, um sich mit den eigentlichen Beziehungs- und Persönlichkeitsproblemen nicht (mehr) auseinandersetzen zu müssen. Oftmals verbirgt sich hinter dem Fremdgehen aber noch viel mehr, als auf den ersten Blick zu sehen ist: Verzweiflung, Sehnsucht, Angst, Selbstsucht, Rache, sexuelle Neugierde oder ein Schrei nach Liebe und Wertschätzung.
Selten lässt sich nur eine Ursache fürs Fremdgehen ausfindig machen. Meistens führen mehrere Faktoren, Motive und Umstände dazu, dass es dazu kommt. Deswegen lässt sich auch nur schwer pauschal sagen, wer wann und wie fremdgeht und später zum chronischen Fremdgeher/Fremdgeherin wird. Viel entscheidender ist bei der ganzen Thematik aber auch, dass das Thema generell enttabuisiert wird. Alle, die bereits einmal oder mehrfach fremdgegangen sind, sollten ihre eigenen Beweggründe selbstkritisch hinterfragen und die Ursachen bekämpfen – am besten mit professioneller Hilfe. Eine Affäre dauerhaft geheim zu halten, gelingt nämlich nur wenigen. Letztlich kann nur so verhindert werden, dass Betroffene einen routinierten Umgang entwickeln und so ihr eigenes Liebesglück und das ihrer zukünftigen Partner/innen nachhaltig sabotieren.