Häufig heißt es, dass hohe Ansprüche in der Liebe nur zu Problemen und einem vorzeitigen Beziehungsaus führen würden. Aber ist es wirklich so problematisch, wenn Du recht genau weißt, was Du willst? Oder bist Du beim Auswahlprozess vielleicht nur zu voreilig mit Deinen Absagen? In diesem Artikel möchten wir Dir ein paar Denkanstöße zu realitischen und unrealistischen Erwartungen in einer Beziehung geben.
Was sind überhaupt (zu) hohe Ansprüche?
Inhaltsverzeichnis
Eins vorab: An sich ist es überhaupt kein Problem, wenn Du gewisse Ansprüche an Dich selbst und Deinen potenziellen Beziehungspartner oder Deine potenzielle Beziehungspartnerin stellst. Es ist definitiv nicht verwerflich, wenn Du Dir einen Menschen an Deiner Seite wünschst, der auf Körperhygiene achtet und dessen Räumlichkeiten man gerne betritt. Und der bestimmte Werte mit Dir teilt. Da wäre es ja auch logisch, dass jemand, der sich überhaupt kein Leben als Familie vorstellen kann, früher oder später weg ist, wenn Du von einer eigenen Kinder-Fußballmannschaft träumst – oder umgekehrt. Bestimmte Eckpfeiler, die Dir also sehr wichtig sind, gehören daher auf jeden Fall besprochen.
Wobei es aber natürlich darauf ankommt, wie hoch Du die Messlatte legst. Als Faustregel für unrealistische Erwartungen gilt in der Beziehung: Fordere nichts von Deinem Gegenüber, was Du nicht selbst erfüllen kannst oder willst. Du glaubst, dass es mit einem „Prinzen“ oder einer „Prinzessin“ genauso wie in den Walt-Disney-Filmen läuft? Quasi von alleine und immer mit eitel Sonnenschein zwischen Euch beiden? In diesem Fall wird Dich die Realität wohl eher früher als später und wahrscheinlich auch eher unsanft einholen. Die meisten Beziehungen entstehen und funktionieren eben nicht auf diese unrealistische Art und Weise und besonders nicht in der Erwartung, alles würde immer von ganz alleine glattgehen. Und auch im Social Media-Bereich bekommst Du garantiert häufiger Scheinwelten und Fassaden geboten, als das wahre pralle Leben.
Aber es ist in vielen Fällen eben einfach zu verlockend. Diverse Dating-Apps und -Plattformen und eine im Vergleich zu früheren Jahrzehnten oftmals deutlich höhere Mobilität suggerieren schnell, dass die Auswahl an möglichen Liebes-Partner:innen unbegrenzt ist. Wer fühlt sich unter diesen Umständen nicht zuweilen wie im Katalog und hat das Gefühl, dass irgendwo eine immer noch bessere Option warten könnte?
Die Konsequenz: Immer mehr Abwahl-Kriterien
- Zu klein oder zu groß,
- Zu dick oder zu dünn,
- Besitzt die falsche Haar- und/oder Augenfarbe,
- Mit dem falschen Beruf und/oder einem zu geringen Gehalt ausgestattet oder
- Fan von Hobbys, die man selbst nicht mag …
- Ist im falschen Sternzeichen geboren
- Hat einen „komischen“ Namen
- Hat einen „schlechten“ Musikgeschmack
- Ist zu jung oder zu alt
- Entspricht nicht dem Schönheitsideal
Diese Checkliste könnte unbegrenzt weitergeführt werden. Irgendetwas kann immer mit einer anderen Person „nicht in Ordnung sein“ und dafür sorgen, dass überhaupt kein Kontakt zustande kommt, wenn man nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen. Von einem näheren Kennenlernen ganz zu schweigen.
Welche Kriterien zählen wirklich?
Selbstverständlich gehört es respektiert, wenn Du Vorlieben und Prioritäten hast. Wenn Dir dunkle oder helle Haare besser gefallen oder Du der festen Überzeugung bist, dass Feuerzeichen und Wasserzeichen bzw. Luftzeichen und Erdzeichen nun mal nicht miteinander harmonieren. Nur vielleicht solltest Du Deine Entscheidung nicht nur aufgrund dieser oder ähnlicher Kriterien treffen. Denn bedenke: Der knackigste Hintern hilft auf Dauer nicht, wenn Dein Gegenüber keine Treue zeigt und Dich ständig verletzt.
In Bezug auf die eigene Erwartungshaltung heißt es daher, herauszufinden,
- was Dir warum wie wichtig ist,
- ob Deine hohen Ansprüche wirklich Deinem tiefsten Inneren oder irgendwelchen von außen an Dich heran getragenen Maßstäben entspricht und
- ob sich das Ganze an realistischen Ansprüchen messen lassen kann.
Schließlich sind die meisten von uns keine Vorzeige-Prinzessinnen oder -Prinzen, aber doch mit einem ganz eigenen Charme und anderen tollen Attributen gesegnet. Also warum sich die Chance auf einen genaueren Blick hinter die Kulissen viel zu früh aufgrund von eventuellen Kleinigkeiten nehmen?
Wie kommen zu hohe Ansprüche in der Liebe zustande?
Das Zulassen von Nähe kann verletzlich machen. Je dichter Dir jemand insbesondere auf der emotionalen Ebene kommt, desto mehr Wert wirst Du darauf legen, von diesem Menschen nicht verletzt oder enttäuscht zu werden. Freilich tun damit verbundene negative Erlebnisse doppelt weh und sorgen dafür, dass eine Schutzmauer aufgebaut wird. Klar, wer andere nicht mehr an sich heranlässt, der hat von ihnen auch (erst einmal) keine Enttäuschungen zu befürchten.
Beziehungsangst mit einer hohen Anspruchshaltung zu tarnen, bringt dabei einige Vorteile mit sich – die aber logischerweise nur auf den ersten Blick als solche zu werten sind. Wird die Messlatte für eine zukünftige Partnerschaft in so astronomischen Höhen angesetzt, dass es niemand schafft, ihr gerecht zu werden? Dann ist es kein Wunder, dass sich in puncto Partnersuche nichts tut. Zumal es ja nicht die eigene Schuld, sondern die des Gegenübers ist.
Ein netter Versuch. Doch damit gibst Du in einem solchen Fall nicht nur die Verantwortung ab und wirst unnötig zu einer passiveren Person als notwendig. Du bringst Dich auch im gleichen Atemzug um die Chance, jemanden kennenzulernen, der Dein Leben trotz möglicher Schwächen wirklich bereichern kann. Was echt schade wäre, oder?
Vielleicht vermittelt Dir auch Menschen aus Deinem Umfeld ein bestimmtes Bild und tendieren zu gewissen Ansprüchen an Deinen/Deine Partner:in. Sei es die Familie oder Freunde. Wichtig ist allerdings nur, dass Du mit der Person glücklich bist und Ihr Euer Leben gegenseitig bereichert. Deine Familie und Deine Freunde sollten dies genauso sehen und Dir einen Partner bzw. eine Partnerin wünschen, der/die Dich aufrichtig liebt und glücklich macht, Dir Intimität und Zuneigung schenkt. Neben solchen elementaren Eigenschaften sollte im Idealfall der Beruf oder das Aussehen eine weitaus niedrigere Rolle spielen.
Wie lässt sich mit unrealistischen Erwartungen in der Beziehung umgehen?
Wie schon gesagt: Überprüfe, was Dir warum wie wichtig ist. Seine eigenen Must-Haves und No-Gos zu kennen, ist dabei von großer Bedeutung. Ebenso wie zu klären, auf welchen Werten und Prinzipien diese eigentlich basieren. Und auf keinen Fall zu unterschätzen: Ist das, was Du von Deinem Gegenüber forderst, überhaupt gerechtfertigt und erfüllbar? Sicherlich ist es toll, wenn man sich in einer Partnerschaft keine Sorgen ums Geld machen muss, nur um ein Beispiel zu nennen. In den meisten Fällen sollten dazu aber alle Beteiligten einen Beitrag leisten oder sich zumindest besprechen. Dein/Deine Partner:in gibt 100 %, Du 0 % (in welcher Art auch immer)? Das kann schlichtweg nicht funktionieren! In keinem Lebensbereich.
Besser: Lass Dir selbst und Deinem potenziellen Schatz einen gewissen Entwicklungsspielraum und überleg Dir, in welchen Bereichen Du kompromissbereit sein könntest, wo es Dir eher schwerfällt und woran das liegt. Kein Drama, dass nicht jeder Mensch alles mag. Aber manchmal lohnt es sich eben doch, über den eigenen Tellerrand und die eigene Komfortzonen-Grenze hinauszublicken, die hohen Ansprüche etwas zurückzunehmen und zumindest neue Eindrücke zuzulassen. Wer weiß, vielleicht wirst Du ja sogar in der einen oder anderen Hinsicht positiver überrascht als der allererste, noch sehr flüchtige Eindruck vermuten lässt? Und eventuell entpuppst Du Dich im Umkehrschluss auch selbst für jemanden als echten Glücksgriff, obwohl Du eigentlich „die falsche Haarfarbe“ hast …