Ist es Beziehungsangst?

Beziehungsangst

Wird es dieses Mal für eine Beziehung reichen? Immerhin läuft der Start mehr als nur gut und die Gespräche und die Treffen werden mit der Zeit intensiver und intimer. Doch dann ändert sich etwas. Der andere Part zieht sich zurück, ist mitunter gar nicht mehr für Dich erreichbar und Du verstehst die Welt nicht mehr! Denn nichts hatte im Vorfeld auf diese Wendung hingedeutet. Du bist irritiert, grübelst und unterhältst Dich mit Freund:innen, weil Du verstehen möchtest, was da genau passiert ist und es fällt das Wort Beziehungsangst. Ist die Angst vor einer festen Bindung der Grund für den plötzlichen Kontaktabbruch Deines Flirts?

Natürlich kann es unzählige Gründe dafür geben, warum das Anbahnen einer neuen Beziehung in die Hose geht und der/die eine von dem/der Anderen nichts mehr wissen möchte. Eventuell hat man vor lauter Hoffnung das Interesse des Anderen einfach falsch eingeschätzt oder es ist heimlich ein weiterer Liebeskandidat oder eine weitere Liebeskandidatin aufgetaucht, der/die einfach besser passte.

Dennoch könnte bei dem oben beschriebenen Beispiel durchaus Beziehungsangst eine Rolle gespielt haben. Wieso? Weil es durchaus Verhaltensauffälligkeiten und Muster gibt, derer sich Beziehungsängstliche oft unbewusst bedienen.

Welche Anzeichen sprechen für eine Beziehungsangst?

Eine ausgewogene Beziehung lebt u. a. von dem richtigen Verhältnis von Nähe und Distanz. Wer unter Beziehungsangst leidet, fürchtet sich aber insgeheim davor, sich auf eine feste Liebesbeziehung einzulassen und blockiert den Aufbau von Intimität und tiefer Nähe, die die meisten Paare so sehr schätzen. Deswegen können typische Anzeichen für eine Beziehungsangst folgende sein:

  • sehr wählerisch und kritisch bei der Partner:innen-Wahl
  • Zusagen oder Verabredungen werden nicht eingehalten
  • wichtige (Zukunfts-)Fragen werden nicht beantwortet
  • man bleibt unverbindlich; möchte sich nicht festlegen
  • Entschuldigungen und Erklärungen bleiben aus
  • Verweigerung körperlicher Nähe
  • plötzlicher Rückzug und Distanz (z. B. Ghosting)
  • häufig wechselnde Geschlechtspartner:innen
  • möchte seine/ihre Unabhängigkeit wahren
  • legt viel Wert auf räumliche Distanz
  • fixiert sich auf unpassende Partner:innen (vergeben etc.)
  • Abwertung des Partners bzw. der Partnerin
  • Fremdgehen
  • Streits provozieren

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nur weil jemand gerne allein ist und aktuell keine feste Liebesbeziehung führt, macht ihn/sie das nicht gleich zu einem beziehungsängstlichen Menschen. Beziehungsangst ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen weit verbreitet und es handelt sich dabei um eine komplexe Angststörung, die sich anhand vieler verschiedener Symptome unterschiedlich stark zeigen kann. Betroffene sind sich dessen oft viele Jahre oder Jahrzehnte gar nicht bewusst und denken einfach nur, dass sie eben Pech in der Liebe haben. Auch die Vorstellung, dass Beziehungsängstliche grundsätzlich keine Beziehung eingehen, ist ein Irrglaube. Oft ist es sogar so, dass sie sich früher oder später auf eine Beziehung oder eine Heirat einlassen und diese mehrere Monate oder sogar Jahre aufrechterhalten.

Nähe und Distanz zwischen Bindungsphobikern

Beziehungsangst in der Partnerschaft

Wer schon einmal eine Beziehung geführt hat, bei der Beziehungsangst eine Rolle spielte, kennt vielleicht das Gefühl, dass einem der/die Partner:in in gewisser Weise immer fremd bleibt und extrem viel Raum und Zeit für sich braucht. Mitunter verschwindet der/die bindungsängstliche Partner:in manchmal sogar mehrere Wochen am Stück oder legt unberechenbare Verhaltensweisen an den Tag und erklärt sich und sein/ihr Handeln nicht.

Dieser permanente Wechsel von Nähe und Distanz begünstigt letztendlich ein unausgewogenes Machtverhältnis, das häufig in einem Teufelskreis mündet. Die Beziehung wird z. B. erst abrupt beendet, später kommt man aber doch wieder zusammen, weil man alleine eben auch nicht glücklich ist – bis der/die eine sich wieder in die Enge getrieben fühlt, die Verbundenheit schwindet und er/sie erneut Abstand braucht … Auch Streitigkeiten eignen sich gut dafür, um sich von dem/der „klammernden“ Partner:in endlich wieder distanzieren zu können, genauso wie die Flucht in die Arbeit oder in andere Betten.

Erschwerend kommt hinzu, dass Beziehungsängstliche sehr oft von Menschen als attraktiv empfunden werden, die ebenfalls (unbewusst) bindungsunsicher sind. Das macht die ganze Problematik noch wesentlich komplexer! Denn der/die ebenfalls bindungsunsichere Partner:in tut oft alles dafür, seinen/seine Partner:in glücklich zu machen – aller Widrigkeiten zum Trotz. Mitunter werden dafür sogar extreme Demütigungen in Kauf genommen und emotionale Verletzungen oder Abwertungen werden immer wieder verziehen. Ist dies der Fall, besteht durchaus die Gefahr einer Co-Abhängigkeit!

Was triggert Beziehungsängstliche?

Wie jeder von uns, wünschen und sehnen sich auch Menschen mit Bindungsangst nach Nähe und Geborgenheit. Doch wer unter Bindungsangst leidet, fürchtet sich davor, dass die Person, die einem nahe steht, einem auch wirklich etwas bedeutet. Denn wäre dies der Fall, stünden unweigerlich Erwartungen im Raum, von denen Bindungsängstliche unbewusst überzeugt sind, dass sie diese niemals erfüllen könnten. Und so können Bindungsängstliche zwar schöne Liebesmomente genießen, sie werden sich aber nie ganz öffnen, geschweige denn jemanden wirklich nahe an sich heranlassen.

Bei den Auslösern für die Beziehungsangst kann es sich oftmals um Kleinigkeiten handeln. Dann ist beispielsweise das Händchenhalten in der Öffentlichkeit „unangenehm“, das angedachte Treffen mit der Familie des Partners bzw. der Partnerin wird als „zu früh“ empfunden oder die Planung des gemeinsamen Urlaubs löst ein „ungutes Gefühl“ aus. „Zu viel werden“ kann für Beziehungsphobiker:innen auch die Vorstellung von Familienplanung, Hochzeit oder Hausbau. Grundsätzlich kann jedoch alles ein Auslöser sein, was dem/der Betroffenen das Gefühl verleiht, dass es zwischen ihm/ihr und der anderen Person „ernst“ bzw. „intim“ wird. Dann tritt die Beziehungsangst akut zu Tage und der/die Beziehungsängstliche tritt die emotionale Flucht an.

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Was sind die Ursachen für Beziehungsangst?

So abweisend, verletzend und distanziert sich Beziehungsangst-Betroffene auch in gewissen Situationen verhalten mögen. Sie handeln in erster Linie aus Selbstschutz. Hinter ihrem Verhalten stecken meistens negative Erfahrungen aus der Vergangenheit. Diese führten dazu, dass sie innerlich eine Mauer aufgebaut haben, die sie davor bewahren soll, selbst wieder verletzt zu werden.

Die Gründe können vielfältiger Natur sein. Als häufige Ursachen für Beziehungsangst gelten u. a. folgende:

  • schwierige Eltern-Kind-Beziehung
  • Tod der Mutter oder des Vaters
  • geringes Selbstwertgefühl – „Liebe muss ich mir verdienen.“
  • schlechte Erfahrungen mit zwischenmenschlichen Bindungen
  • schwere Trennung erlebt
  • Angst vor Kontrollverlust und Verletzungen
  • Angst, verlassen zu werden

Speziell problematische Bindungserfahrungen mit zwischenmenschlichen Verletzungen und einem Gefühl der Wertlosigkeit können zu einer nachhaltigen Bindungsangst führen. Frei nach dem Motto „ein gebranntes Kind scheut das Feuer.“ werden potenzielle neue Partnerschaften sehr kritisch gesehen. Kommt dann auch noch von der neuen Partnerin beziehungsweise dem neuen Partner aus Versehen ein vergleichbares Verhalten dazu, wie es Ex-Partner:innen an den Tag gelegt haben, schrillen die Alarmglocken gleich doppelt so laut. Diese Übertragung ist nicht zwangsweise böse gemeint. Wahrscheinlich war auch das Verhalten des Gegenübers keine Absicht. Doch so schaukeln sich die Dinge bei Beziehungsängsten recht leicht hoch.

Bindungsangst in der Partnerschaft

Eine zusätzliche Erschwernis ergibt sich zudem oft daraus, dass entsprechende Erfahrungen nicht nur mit Partner:innen, sondern auch mit Eltern gemacht wurden. Erlebnisse aus der Kindheit, die mit Abweisung, Lieblosigkeit oder anderen negativen Gefühlen verbunden waren, sitzen oft besonders tief und sind den von Bindungsangst betroffenen Menschen manchmal gar nicht mehr bewusst. „Das ist eben so.“, ist dann ein häufig genannter Satz.

Dieser wird aber auch dann angegeben, wenn Menschen vor einer Partnerschaft zurückweichen, weil sie sich ihre Unabhängigkeit bewahren wollen. Natürlich ist es ein legitimer Wunsch, sich gewisse (Single-)Freiheiten auch in einer Beziehung bewahren zu wollen. Wer jedoch zu Beziehungsangst neigt, wird diese Forderung sehr in den Vordergrund stellen und gleichzeitig den Aufbau von emotionaler Nähe immer wieder bremsen und sabotieren. Schließlich bringt ein tieferes Sich-aufeinander-Einlassen häufig den Bedarf nach Kompromissen mit sich.

Das kannst Du tun

Bist Du selbst von Beziehungsangst betroffen? Oder hast Du das Gefühl, dass sie für Dich und Deine Partnerschaft von Deiner Seite aus eine Rolle spielen könnte? Wenn Du etwas dagegen tun möchtest, lohnt es sich über die folgenden Punkte genauer nachzudenken.

sich die Beziehungsangst eingestehen
  • Die Beziehungsangst ist nichts, was Dir peinlich sein muss. Du bist mit ihr nicht alleine. Es gibt viele Menschen, die – aus den verschiedensten Gründen – zur Beziehungsangst tendieren. Wenn Du möchtest, kannst Du natürlich versuchen, sie im Alleingang zu überwinden. Wobei der erste Schritt dazu der ist, dass Du aufhörst, sie zu verdrängen oder abzutun. Denn nur, wenn Du Dich aktiv mit ihr auseinandersetzt, hast Du die Chance, den richtigen Umgang mit ihr zu finden. Ehrlichkeit gegenüber dem eigenen Selbst ist der erste Schritt, die Bindungsangst zu überwinden.
sich der Beziehungsangst stellen
  • Die Überwindung einer Beziehungsangst erfordert darüber hinaus Ausdauer, Einsicht und den Willen zur Veränderung! „Hinein ins kalte Wasser und volle Kraft voraus.“, dürfte daher wohl eher die falsche Strategie sein. Schließlich ist Vertrauen schnell zerstört, wird aber nur langsam aufgebaut. Also gib Dir selbst und Deinem Gegenüber Zeit. Zeit, langsam aufeinander zuzugehen und das für Dich individuell passende Maß an Geschwindigkeit und Bindung zu finden. Auf diese Weise tastet Du Dich geschickt heran und stehst nicht wieder schlagartig vor einer Überforderung.
Rat und Unterstützung suchen
  • Du brauchst diesen Weg nicht alleine zu gehen. Bestimmt hast Du Menschen, die Dir nahestehen oder vielleicht auch ein, zwei gute Freund:innen, die Dich bei Bedarf unterstützen können. Es ist hilfreich, dass Dich jemand ermuntert, Deinen Weg raus aus der Beziehungsangst zu finden. Reicht Deine Beziehungsangst tiefer, kannst Du es selbstverständlich auch mit einer Therapie oder einer Selbsthilfegruppe versuchen. Mit professioneller Hilfe kannst Du dann Strategien erlernen, wie Du Deine Angst vor Beziehungen am besten in den Griff bekommst und sie positiv verändern kannst. Schließlich verursachen Liebesbeziehungen nicht nur Kummer und Frust, sondern auch Freude und Genuss.

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